District 9

District 9

von Neill Blomkamp, mit Sharlto Copley, David James und Hlengiwe Madlala

District 9
District 9

District 9, ein Auffanglager für illegale Einwanderer, soll verlegt werden. In 20 Jahren ist das Lager zu einem üblen Slum verkommen, die Einwohner vegetieren unter unwürdigsten Umständen vor sich in, und immer wieder kommt es zu Stress mit den Bewohnern im Umland. Wikus Van De Merwe hat dankbar den undankbaren Job übernommen, die Räumung zu organisieren. Schön sauber soll alles ablaufen, schließlich wird Wikus für eine Fernseh-Dokumntation die ganze Zeit von Kamerateams begleitet. Doch selbst der unerschütterliche Optimist hat es schwierig, die im Grunde illegale Aktion in positivem Licht erscheinen zu lassen. Neben einigen kleinen Zwischenfällen mit den Bewohnern kommt es allerdings auch zu einem großen, der, wie uns die Doku andeutet, Wikus die Existenz kosten wird: Beim Räumen einer Hütte mit illegalem Chemielabor wird er mit einer Flüssigkeit kontaminiert. Langsam, aber sicher, lässt sie Wikus zu einem Außerirdischen mutieren. Denn die Slumbewohner sind Außerirdische, die vor 20 Jahren mit ihrem gigantischen Mutterschiff über einem der unwahrscheinlichsten Orte gestrandet sind, den man sich dafür denken kann: Johannesburg. Seitdem schwebt das Raumschiff unbewegt über der Stadt. Und dabei standen gerade jetzt, wo Wikus zunehmend zwischen die Fronten von außerirdischen Rechtlosen und skrupellosen Konzernen gerät, die abfällig „Shrimps“ genannten Besucher doch kurz davor, ihren Plan umzusetzen: Diesem Planeten endlich zu entkommen…

Dezent bis unterschwellig angekündigt ist dieser Film doch durchweg eine positive Überraschung dieses Kinosommers. Vollständig mit bisher meist unbekannten, aber durchaus talentierten Leuten, realisiert, bleibt Produzent Peter Jackson der einzig bekannte Name auf dem Plakat. Bedient sich der Film bildlich und stilistisch bei Werken wie „Die Fliege“, „Cloverfield“, „Transformers“ und mit gutem Willen auch „Independence Day“, so ist er inhaltlich eine einzigartige, gesellschaftskritische Parabel, die einen mit den Außerirdischen Besuchern reißaus von diesem Planeten nehmen lassen möchte. Anders als genreüblich sind die Aliens hier weder gut noch böse, bringen keine Seuchen mit und auch ihre Technologie lässt sich für Menschen nicht nutzen. Derart nutzlos bietet ihr abstoßendes Äußeres wie auch ihr unangenehmes Auftreten der Menschheit genug Raum, sich von ihrer schlechtesten Seite zu zeigen. Verachtet von der Bevölkerung, terrorisiert von Söldnern, ausgebeutet von Banden, verwaltet von Behörden, missbraucht von Konzernen, ausgeschlachtet von der Medien und eingepfercht in Slums wollen sie doch nur eins – weg von hier. Nur versteht das keiner, und niemand zeigt sich sonderlich motiviert, das zu ändern. Die Parallelen zu Apartheid, die unter anderem auch in den Townships Johannesburgs wie dem District 6 [sic!] ihr finstere Seite zeigte, sind offensichtlich. Und das war auch ein Anliegen von Regisseur Blomkamp, der dies selbst erlebte und mit diesem Film, seinem Traumprojekt, endlich verarbeiten darf. Dass ihm dabei zum Ende hin etwas die Action entgleitet, sei ihm verziehen, ebenso wie das Ausbrechen aus der Pseudodokumentation zugunsten der klassischen Erzählweise. Denn bei diesem Film spürt man das Herzblut des Regisseurs, der geschickt und aufwühlend seine Geschichte erzählt, sein Budget für unauffällige, aber überzeugende Effekte zu nutzen weiß und uns gleichermaßen unterhalten wie auch bewegt aus dem dunkeln Kinosaal in die grausame Welt entlässt, der wir vorerst nicht entkommen werden. Grandios. (9/10)

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