Harry Potter and the Half-Blood Prince
von David Yates, mit Harry Potter Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Alan Rickman, Maggie Smith, Helena Bonham Carter, Michael Gambon, Jim Broadbent und Robbie Coltrane
Wo waren wir nochmal stehen geblieben … ach ja, irgendwas mit Todessern (nicht zu verwechseln mit Todesstern). Zu denen gehörte auch Dracor Malfoys Vater, der dafür jetzt in Askaban einsitzt. Oder tot ist? Egal. Sohnemann ist daher auf Harry nicht soooo gut zu sprechen, was neuen Stress fürs neue Jahr verspricht. Besonders deshalb, weil Draco sich, der Familientradition folgend, den Todessern angeschlossen hat. Und seinen ersten Auftrag gleich mit nach Hogwarts nimmt, unterstützt von dem seit Teil 1 notorisch mysteriösen Professor Snape. Denn der musste einen unbrechbaren Eid leistet, den guten Draco bei seinen durchtriebenen Taten nach besten Kräften zu unterstützen.
Doch Harry und seine Bagaluten ahnen nichts von diesem aufwallenden Unheil. Sie sind mehr damit beschäftigt, ihre aufwallenden Hormone in den Griff zu bekommen, und die Auswahl an hübschen, für Harry schmachtenden Schülerinnen ist nicht eben gering. Aber nebenbei gibt es ja noch Ablenkung durch den Unterricht, und da kann Harry im neuen Fach Zaubertränke glänzen, in deren Kunst er vom neuen Professor Slughorn unterwiesen wird. Was Slughorn nicht weiß, ist dass Harry für seine Kunstfertigkeit mal wieder Unterstützung von einem Buch hat. Diesmal ist es ein abgegriffenes Schulbuch für Zaubertränke. Es gehörte einmal einem wirklich talentierten, geheimnisvollen Schüler, der sich der Halbblutprinz nannte. Der hat die Rezepte des Buches mit etlichen Verbesserungen versehen, die Harry bald zum Star der (Zaubertrank-)Kochszene machen. Einen solchen Star gab es vor etlichen Jahren schon einmal, erinnert sich Professor Dumbledore, und aus ihm wurde der, dessen Namen man nicht ausspricht (wohl aber ausschreibt): Lord Voldemort. Auch er war damals Schüler bei Slughorn, und zwar eine sehr wissbegieriger. Doch was genau ihm Slughorn damals alles beibrachte, darüber schweigt er. Aber da das Wissen darum für Dumbledore sehr wichtig ist, bittet er den Schüler, der sich Slugorns Vertrauen verdient hat, um Mithilfe. Und schon hat Harry wieder einen gefährlichen Auftrag…
Ich fasse mich kurz. Denn das hätte dem Film auch gutgetan. Die erste halbe Stunde ist spannend, die letzte halbe Stunde ist spannend. Dazwischen herrscht hauptsächlich hormongeschwängertes Schüler-Geturtel (aus dem sich insbesondere Ron Weasley hervortut, der sich allmählich zum JarJar Binks des Potter-Universums entwickelt), welches die Geduld des Ü30 Publikums doch arg strapaziert und die Handlung keinen Deut voranbringt.
À Propos Geduld: Der Grund, warum wir auf diesen Harry Potter so lange warten mussten, ist ein rein kommerzieller. Zum einen wollte man sich das Weihnachtsgeschäft 2009 für DVD-Verkäufe sichern, zum anderen war das Jahr 2008 durch den Dark Knight so erfolgreich, dass es keinen weiteren Blockbuster vertragen hätte – das Jahr 2009 wäre zu schwach gewesen und die Kurse wohl eingestürzt. So läuft das im Filmgeschäft heute.
Der kommerzielle Erfolg wird sich wohl zwangsläufig einstellen, die Fans die Kinosäle stürmen und die Bilanz gerettet. Aber sowas ist ja erfahrungsgemäß unabhängig von der Qualität eines Films. Mir ist schon klar, dass es nicht einfach ist, ein 1000-Seiten Buchin 2,5h Film zu packen. Aber muss man zur Befriedigung des Teenie-Publikums mit Verwicklungen auf Marienhof-Niveau einen Film künstlich in die Länge ziehen? Wäre nicht etwas mehr Platz für die Handlung gewesen? Fragen über Fragen, aber am intressantesten die Frage, was ein taltentierter Regisseur wie der zunächst angedachte Guillermo del Toro (Pans Labyrinth) aus diesem Film gemacht hätte. Vielleicht das Drehbuch etwas umgestaltet, vielleicht die jugendlichen Darsteller etwas mehr angespornt, vielleicht aus dem Film etwas Rundes gemacht. Man weiß es nicht.
So aber haben wir einen handwerklich (Bild, Ton, Effekte, Ausstattung) perfekten Film, eine Auswahl der besten Darsteller unserer Zeit (Rickman, Bonham Carter, Gambon, Broadbent, Smith) und eine Auswahl oft überforderter Ex-Kinderstars (Grint, Radcliffe), die sich unter zweitklassiger Regie um ein zielgruppenoptimiertes Drehbuch drehen – die Magie der Potter-Reihe bleibt da auf der Strecke, übertönt vom Klingeln der Kassen. Typisch. Immerhin ist der letzte Teil schon abgedreht, und dann haben wir’s überstanden. (6/10)