OSCAR© 2013 – Die Nachlese

Matt Petit / ©A.M.P.A.S.
Matt Petit / ©A.M.P.A.S.

Die Oscar-Nacht ist überstanden, dank Gesellschaft trotz kurzer Momente der Schwäche sogar meist wach. Eine kurze Sichtung der Pressemeldungen zeigt mir, dass zwar das meiste schon geschrieben ist, aber ich hier und da noch korrigierend kommentierten muss.

Der Host

Seth MacFarlan, Vater vom Family Guy und von Ted, hat mich sehr positiv überrascht. Immer im Kampf mit seinem Ruf als Bad-Boy des Humors, plauderte er sich mit seiner Respektlosigkeit erfrischend unterhaltsam durch die lange Show, nicht ohne hier und da mit einem Klopper den Saal zum Raunen zu bringen – Beispiel gefällig? „[Auch nach Spielbergs Lincoln] ist keiner so in den Kopf von Lincoln eingedrungen, wie John Wilkes Booth…“. Oha.

Michael Yada / ©A.M.P.A.S.
Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Das schlimmste konnte der aus der Zukunft angereiste James T. Kirk verhindern. Er zeigte Ausschnitte von dem, was MacFarlane ohne sein Eingreifen gebracht hätte – eine Revuenummer mit dem klingeltonverdächtigen Titel „We saw your Boobs“, in dem musikalisch alle Stars aufzählt, deren Brüste schonmal in Filmen zu sehen waren, ferner eine Handpuppenversion von „Flight“ und dem Abschleppen von Sally Field im Green Room, der die ganze Show durcheinandergebracht und MacFarlane zum (laut Tagespresse von morgen) „Worst Oscar Host Ever“ gemacht hätte. So gewarnt bringt er diese Nummern natürlich nicht (eine Tatsache, die der Spiegel offensichtlich nicht verstanden hat), sondern reiht sich brav mit einigen Tanzrevuen in das Thema der diesjährigen Show ein: Musik. So kann Kirk erleichtert wieder die Rückreise antreten und die Show weitergehen.

Die Preise

Todd Wawrychuk / ©A.M.P.A.S.
Todd Wawrychuk / ©A.M.P.A.S.

Was der Spiegel auch nicht verstanden hat: Lincoln war Scheiße und Zero Dark Thirty eine Geheimdienst-Folter-Militär-Romantisierungsfilm. Die Academymitglieder haben das verstanden und die Filme angemessen ignoriert. Gut gemacht.

Auch wenn die Preise (wie Tobe gezeigt hat) recht vorhersehbar vergeben wurden (Daniel Day Lewis, Jennifer Lawrence, Anne Hathaway), gab es doch hier und da noch Überraschungen: Etwa den zweiten Oscar für Christoph Waltz, einen Doppel-Oscar wegen gleicher Punktzahl in der Kategorie Toneffekte für Zero Dark Thirty und Skyfall, eine Regie-Oscar für Ang Lee und den Film-Oscar für Argo. Life of Pi ging schließlich mit 4 Oscars als Sieger nach Hause, gefolgt von Les Miserables und Argo mit je dreien. Lincoln liegt mit zwei lediglich Trophäen gleichauf mit Skyfall und Django, was als Klatsche gelten dürfte, wohingegen man Tarantinos Drehbuchoscar als Adelung werten dürfte.

Insofern verlief die Preisverleihung angemessen, die Academy hatte meiner Meinung ein gutes Händchen für gute Filme, womit ich dem Spiegel schon wieder widersprechen muss, der hier Feigheit und eine Parade des Gähnens sieht. Klar, wenn die die Wahl haben zwischen einem Drama, das mit Cleverness Geiseln befreit und einem, das mit Folter und Drohnen Chefterroristen ermordet, ist natürlich nur die Gewaltvariante mutig. Ja nee, is klar.

Die Show

Michael Yada / ©A.M.P.A.S.
Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Aber genug des Spiegel-Bashings, die Show selber war dann doch eher zäh, und das Thema Musik eher anstrengend – wer, bitteschön, braucht einen Aufguss vom mäßigen Oscargewinner Chicago?! Besser waren da schon Shirley Bassey miit Goldfinger (Respekt!), Adele mit Skyfall und Barbara Streisand mit Memories … na, letzteres ist doch eher Geschmackssache. Der Auftritt der fleißig teleprompterlesenden First Lady, die den besten Film bekanntgab, war überraschend, aber nicht überragend. Immerhin hat Argo ihn bekommen, der Underdog, dessen Regisseur Ben Affleck nicht nominiert war und gerade deshalb gewonnen hat.
Ansonsten: Alles sehr routiniert, die Stars hatten sich gut im Griff, lediglich Jennifer Lawrence konnte mit ihrem Ausrutscher auf dem Weg zum Mikro der Klatschpresse etwa Stoff liefern.

Fazit

Gute Preisträger, mittelprächtige Show, bestens aufgelegter und schön respektloser Moderator, alles in allem ein gelungener Abend. Nur dass Tobe gewonnen hat, das stört doch etwas – Merida und Moonrise Kingdom haben mich etwas reingerissen. Aber gut, nächstes Jahr ist auch ein Jahr, dann ist Billy Crystal vielleicht wieder Moderator und ich kann Tobe in die Schranken weisen. Man wird sehen. Vor allem aber gibt es jetzt wieder ein Jahr lang frische, neue Filme.

Herzlichst, Euer chrjue

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