Liebe Mauer

Liebe Mauer

von Peter Timm, mit Felicitas Woll, Maxim Mehmet, Anna Fischer und Thomas Thieme

Liebe Mauer
Liebe Mauer

Lolle Franzi zieht aus der Provinz in die große Stadt. Wir schreiben das Jahr 1989, wir befinden uns in Berlin, am Puls des kalten Krieges und Lolles Wohnung liegt direkt am Grenzübergang. Neugierig und vor allem knapp bei Kasse macht sie gleich am ersten Tag eine Tour in den Osten, um für unglaublich wenig Geld einzukaufen. Doch der erste Kontakt mit den grimmigen Grenzbeamten ist schon unerfreulich, der zweite bei der Ausreise noch unerfreulicher. Gut, dass ihr der junge, gut aussehende und freundliche Beamte Sascha zu Hilfe kommt. Solchermaßen tief beeindruckt stellt Franzi entzückt fest, dass ihr Retter in Sichtweite ihrer Wohnung Dienst auf dem Wachturm schiebt. Solchermaßen befeuert entbrennt schnell eine grenzüberschreitende Liebe, die natürlich weder von Saschas Vorgesetzten, noch bei den Geheimdiensten in Ost und West unbemerkt bleiben. Doch wir wissen: Der 9 November 1989 ist nahe…

Eine romantische Liebesgeschichte im Umfeld vom Berliner Grenzstreifen und dem Mauerfall spielen zu lassen, diesen Themen gerecht zu werden und dabei noch zu unterhalten, das erfordert einiges an Geschick. Leider weist Peter Timm dieses Geschick nur ansatzweise auf, oder nutzt es zumindest nicht ausreichend. So nett die Hauptdarsteller auch rüberkommen und so realistisch Mauer und Grenzer zunächst auch gezeigt werden, so verkommt die Geschichte doch im weiteren Verlauf zu einem besseren, seichten Fernsehspiel. Als größte Ungereimtheit steht dabei zunächst die Frage, wie ein dermaßen liberaler und DDR-kritischer Freidenker wie Sascha überhaupt auf den Wachturm kommt. Die Plätze wurden ja nicht gerade ausgelost, sondern wohl eher an regimetreue Leute vergeben. Auch die Frage, warum in der Besenszene an der Mauer nicht erschossen wird, wurde für mich nicht ganz beantwortet; dass sein Vater Beziehungen hat, ist mir da etwas zu dünn.
Der Lauf der Liebesgeschichte bleibt auch etwas flach und episodenhaft, wirkliche Spannung komt da nicht auf – sie sehen sich, sie verlieben sich, Punkt. Die Figuren sind sämtlich einem Griff in die Klischeekiste entsprungen, Entwicklung oder Vielschichtigkeit Fehlanzeige. Und dass Franzi zwar kein Geld hat, aber trotzdem eine obszön große Wohnung für sich allein, dass sie zwar Studentin ist, aber nie studiert, das sind nur zwei der zahlreichen Schwächen des Films, die viel Glaubwürdigkeit kosten.
Dass die Anfangs noch ernstzunehmende Situation an Grenze, dieser Verwerfung im Machtgefüge zwischen Ost und West, CIA, Stasi und BND, immer mehr zu einer Agentenposse aufgeweicht wird, zeigt die Unentschlossenheit dieses Films. Will er nun Geschichtsstunde oder Satire sein? Eine Liebesgeschichte oder ein Drama? Entschieden hat Timm die Frage nicht, also macht er alles zugleich. Das funktioniert auch im Kleinen, in den zahlreichen unterhaltsamen Episoden des Films, die von Grenzübergang, Kaufhalle und Restaurantbesuch reichen. Im Großen hingegen ergibt sich kein wirklich rundes Gesamtwerk, sondern ein unausgegorener Mischmasch, von dem man einen großen Teil lieber auf dem Teller zurücklässt wie Vegetarierin Franzi ihr Schweineschnitzel. Nachsitzen, ( 6/10).

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