Der Krieg des Charlie Wilson

Charlie Wilson’s War

von Mike Nichols, mit Tom Hanks, Philip Seymour Hoffmann, Amy Adams und Julis Roberts.

Charlie Wilson’s War - Buch bestellen bei amazon.deKein Zweifel, Charlie Wilson ist ein amerikanischer Held. Gleich zu Anfang erhält er für sein ‚Engagement‘ im Afghanistan-Konflikt die höchste Auszeichnung, die ein Nicht-Geheimdienstler von Geheimdiensten erhalten kann. Rückblende. Derselbe Charlie Wilson, Anfang der 80er, im Whirlpool mit koksenden Stripperinnen, Single-Malt-Whisky und einem ‚Filmproduzenten‘, der Geld braucht. Wilsons Blick schweift ab und bleibt auf dem Fernseher hängen, in dem ein Bericht über Afghanistan läuft. Die UdSSR ist gerade einmarschiert, die Afghanen kämpfen chancenlos gegen die Übermacht, tausende sind auf der Flucht. Wilson verlässt die Party, geht nach Washington und verdoppelt den Etat für die Mudjaheddin auf 10 Mio. Dollar. Er ist nämlich Kongressabgeordneter. Doch dann wird er auf einer Stippvisite nach Pakistan vom dortigen Präsidenten ob der lächerlichen Summe rundgemacht und mit den Flüchtlingslagern konfrontiert. Zurück zu Hause erklärt ihm ein inkompetenter CIA Vertreter, dass man die Kämpfer nicht zu offensichtlich unterstützen möchte, da das auffallen würde – es ist schließlich Kalter Krieg.
Damit hat Wilson seine Aufgabe. Mit Unterstützung eine kompetenten CIA-Agenten organisiert er Geld, Waffen und Ausbildung, um den Afghanen endlich eine Chance zu geben und den Kommunisten eins auszuwischen. Doch die Wirklichkeit ist letzten Endes immer etwas komplizierter, als man denkt.

Mit diesem Film gelang Mike Nichols ein Meisterstück, ein Film der alten Schule. Geschickt deutet er mit den ersten Bildern ein patriotisches Machwerk an, um es in der Rückblende sofort ins Gegenteil zu verkehren. Sein Wilson, meisterhaft gespielt von Tom Hanks, ist kein glanzvoller Patriot. Er liebt Frauen, ist unreligiös, säuft, kokst, hat Affären und verkauft seine Stimme, aber er hat seine Moral, ein Herz an rechten Fleck und versteht die Politik. Kurz, von Leuten wie ihm wünscht man sich mehr in der amerikanischen Politik. Sein Partner Gust, grandios gespielt von Philip Seymour Hoffman, steht dem in nichts nach. Er ist ein abgewichster CIA-Agent, er ist Pragmatiker, Zyniker, ein Rüpel, sagt was er denkt. Ein Mann also, der einem von Anfang an sympathisch ist.
Treffen beide aufeinander, hat man das Geld für die Kinokarte bereits wieder raus. Die Dialoge übertreffen an Witz, Schlagfertigkeit und Zynismus alles, was die letzten Jahre jemals über die Leinwand lief, jede Dialogzeile ist ein Genuss, jeder Schlag ein Treffer. Bei all dem Witz würgt es einem dann immer wieder das Lachen ab, wenn Nichols den Afghanistan-Knflikt thematisiert. In Videospielästhetik sehen wir aus der Sicht der Hubschrauber todbringende Feuersalven über die Landschaft streichen, werden Zeuge der Greuel des Krieges, sehen verwundete, von Minen zerfetzte Kinder, verzweifelte Menschen. Es sind Bilder, die unsere Generation aus den Nachrichten der Kindertage kennt, und denen erst dieser Film zum Verständnis hilft. Nichols Patriotismus ist aber trotz der guten, alten Gut-Böse-Rollenteilung des Kalten Krieges gedämpft. Wilson erhält zwar eine Medaille, aber er verliert seinen Kampf trotzdem. Denn mit dem Krieg ist der Krieg nicht vorbei, sondern nur der Grundstein für ein weiteres Kapitel der Geschichte gelegt, wie es Gunts Parabel des Zen-Meisters auf den Punkt bringt.
Somit ist Nichols ein unheimlich witziger, erschütternder und aufrüttelnder Film gelungen, ein Film auf der Höhe seiner Zeit, und im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in den USA mit Sicherheit auch ein Plädoyer für die Rückkehr zu den alten Werten der USA. Wie es Gunt so treffend formulierte: „Wir werden sehen.“ (10)

[Nachtrag:] Auf Spiegel Online findet sich ein netter Bericht über den echten Charlie Wilson

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