Im Winter ein Jahr

Im Winter ein Jahr

von Caroline Link, mit Karoline Herfurth, Josef Bierbichler und Corinna Harfouch

Im Winter ein Jahr
Im Winter ein Jahr

Maler Max Hollander erhält von Eliane Richter den Auftrag, ihre beiden Kinder zu malen. Gemeint sind Tochter Lilli, die Gesang und Tanz studiert und sich gerade auf die Hauptrolle in Alice im Wunderland vorbereitet, und Sohn Alexander, der ein Sportinternat besuchte und vor fast einem Jahr Selbstmord begangen hat. Letzteres erfährt er allerdings erst im Gespräch mit Lilli, ihre Mutter spricht da von einem „Jagdunfall“. Im übrigen ist Lilli, die den Tod des Bruders genausowenig verarbeitet hat wie ihre Eltern, wenig vom mütterlichen Plan begeistert, da sie nicht neben Alexander als Trophäe an der Wand ihrer Mutter hängen möchte. Aber Max malt eben nicht das Äußere, sondern die Seele der Menschen. Und das Seelenchaos, in dem sich die Familie Richter wiederfindet, ist groß. Nach und nach erarbeitet er sich das Vertrauen von Lilli und gewinnt tiefere Einblicke hinter die Fassade der Richters. Nach und nach gewinnt so nicht nur das bestellte Bild an Konturen, sondern konfrontiert auch die Familie selbst mit ihrem eigenen Bild – und der Chance auf einen Neubeginn…

Das Caroline Link 2002 für Nirgendwo in Afrika mit dem OSCAR bedacht wurde, hat ihre kreativen Freiräume vermutlich bedeutend erweitert. Dass sie ihren neuen Film dennoch gerade in Deutschland dreht, wundert da doch auf den ersten Blick. Aber gerade in Hollywood war ihr der Druck von Studios und Geldgebern anscheinend zu hoch für ihre Vision, so dass sie sich doch lieber in der Heimat austobte. Und sie zeigt uns, was man mit vernünftigem Budget so aus der deutschen Filmwirtschaft herauskitzeln kann. Die Dialoge sind geschliffen (findet man hierzulande eher selten), die Bildsprache gewaltig und die Schauspieler wirklich fantastisch. Neben der altbekannten Corinna Harfouch, die hier zur Höchstform aufläuft und Josef Bierbichler, der mit jeder Faser seine Rolle ausfüllt, ist es vor allem Karoline Herfurth, die eine unglaubliche Präsenz zeigt. Sie ist zugleich stark wie schwach, zugleich zielstrebig wie ziellos, zugleich verletzend wie verletzt; diese Zerrissenheit ihrer Figur bringt sie mit einer selten gesehen Überzeugung auf die Leinwand, so dass man sich ihren Namen unbedingt merken sollte. Doch bei all dem Lob sollen auch einige Schwachpunkte nicht vergessen werden. Insbesondere entsteht der Eindruck, dass sich Link hier und da etwas in den Handlungssträngen verzettelt hat und dem Zuschauer oft mehr erklärt als nötig; mit ein paar Auslassungen hier und da wäre sicher ein deutlich runderer Film entstanden. Selbiges gilt für das Ende, wo auch Link der Fehler unterläuft, keins zu finden – die genial ineinandergeschnittene Tanz- und Trauerszene zwischen Mutter und Tochter wäre dafür ideal gewesen. Der folgende Epilog klammert den Film zwar nett ein, hinterlässt aber eine etwas zu kitschigen Nachgeschmack. Aber genug der Kritik, dieser Film kann getrost als weiterer Meilenstein des deutschen Films betrachtet werden und zeigt, dass mitterlweile deutsche Produktionen die Konkurrenz mit Hollywood nicht mer scheuen müssen. (8 / 10)

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