Unterwegs – Prag – „Das Mütterchen hat Krallen“

Franz Kafka sagte einst über Prag „Dieses Mütterchen hat Krallen“ – da es ihn immer wieder in seine Heimatstadt zurückzog. Im Frühjahr 2001 führte mich meine Reiselust zum ersten Mal nach Prag. Im Gepäck durfte damals meine nagelneue, analoge Spiegelreflexkamera nicht fehlen, an der ich allerdings nur gute 12 Stunden Spaß hatte, bevor ich die Krallen Prags zu spüren bekam und sie mir prompt in der Metro gestohlen wurde – tja, auch solche Erfahrungen gehören wohl dazu wenn man viel unterwegs ist.

Zwölf Jahre später ist es nun an der Zeit für eine Rückkehr in die Stadt an der Moldau und meine Kamera hatte ich natürlich auch wieder im Gepäck und dieses Mal auch bis zum Ende…

Astronomische Uhr

DSC_0329Nur 7 Stunden dauert die direkte Fahrt mit dem Eurocity von Hamburg in die tschechische Hauptstadt und führt dabei Mitten durch die sächsische Schweiz.

In einem tschischen Lied heißt es „Die Zeit ist an allem Schuld“ und so beginnt meine Pragtour standesgemäß an der astronomischen Uhr am Altstädter Ring, die seit 1410 beinahe ununterbrochen läuft. Das komplizierte Uhrwerk zeigt nicht nur die Zeit sondern auch die Stellung der Planeten und der Tierkreiszeichen an. Einem Aberglaube zufolge droht dem tschechischen Volk großes Unheil sollte die Uhr gerade in der Silvesternacht stillstehen, so dass eine Uhrmacherfirma gerade in dieser Nacht immer auf Abruf steht – sicher ist sicher.
Heute versammeln sich zu jeder vollen Stunde massenweise Touristen um den Rathausturm um das Apostelfigurenspiel zu bewundern, das ich, nun ja, nicht so wirklich beeindruckend fand – unspektakulär.

Den Mittelpunkt der Prager-Altstadt bildet der geschichtsträchtige Altstäder-Ring überragt von den vergoldeten Türmen der Tynkirche und des Prager Rathauses von dem aus man einen wunderschönen Blick auf das historische Zentrum (seit 1992 UNESCO Weltkulturerbe) hinüber zur Prager Burg werfen kann.

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DSC_0200Zum unvergleichlichen Pragpanorama gehören die Moldau sowie die den Fluss überspannenden Brücken und so verwundert es nicht, dass eine ganz besondere Brücke das Wahrzeichen der Stadt bildet, die Karlsbrücke. Karl der IV ließ die 520m Lange und 9m Breite Brücke 1357 erbauen, doch nach Ihm benannt wurde sie erst viel, viel später, irgendwann im 19 Jahrhundert. Die Atmosphäre bei einem Bummel über die Brücke ist einmalig besonders in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden wenn sich noch keine Touristenmassen über die Brücke drängen und man sich alle Statuen in Ruhe ansehen kann. Sehr zu empfehlen sind auch die unvergleichlichen Ausblicke von der Moldaupromenade am Fuße der Brücke sowie von den Aussichtsplattformen der beiden gotischen Brückentürme.

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DSC_0506Neben den vielen historischen Sehenswürdigkeiten begegenet ein jeder Pragbesucher zwangsläufig auch Franz Kafka, einem der berühmtesten Söhne der Stadt und damit auch der Geschichte der jüdischen Bevölkerung Prags.

Auch wenn vom ursüprünglichen jüdischen Viertel, der Josefstadt, nur noch wenige Gebäude übriggeblieben sind, so ist eine Besichtigung absolut empfehlenwert. Besonders beeindruckt hat mich die Pinkas-Synagoge die als Gedenkstätte für die Opfer des Holocaus gilt. Lässt man im Erdgeschoss seinen Blick über die mit 77297 Namen von Naziopfern beschriebenen Wände streifen, stellt sich automatisch ein beklemmendes Gefühl ein. Angrenzend an die Synagoge befindet sich der alte jüdische Friedhof mit seinen dicht an dicht gereihten Grabsteinen auf dem zwischen 1439 und 1787 etwa 100000 Tote beigesetzt wurden.

Ein Spaziergang über die Karlsbrücke bringt einen hinüber auf die Kleinseite dem vielleicht malerischten Stadtviertel von Prag und von dort den Hradschin hinauf zur Prager Burg.

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DSC_0131In den Mauern der jahrhundertealten Prager Burg wurde die Geschichte Tschechiens geschrieben und sie ist auch heute noch Sitz des Präsideten der Republik. Im Ludvik-Flügel der Burg befindet sich der Raum, aus dessen Fenstern die Statthalter des Kaisers im Jahr 1618 geworfen wurden. Der so genannte zweite Prager Fenstersturz markierte den Beginn des Aufstands der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger und gilt als Ausgangspunkt des Dreißigjährigen-Krieges. Interessant dabei das die drei Gefallenen Personen allesamt den Sturz überlebt haben.

Überragt wird die Prager Burg von beindruckenden Veitsdom. Vom 99 Meter hohen Haupttrum geniesst man den vieleicht besten Ausblick über Prag, den man sich nach 280 Treppenstufen allerdings auch redlich verdient hat.
Besonders gefallen hat mir ein Bummel durch die Burghöfe am Abend wenn die Touristenmassen verschwunden sind und sich nur noch vereinzelt Menschen blicken lassen und man die Atmosphäre in Ruhe auf sich wirken lassen kann.

DSC_0390Im Burgviertel eingefasste liegt auch das goldene Gässchen mit Häuschen aus Gotik und Renaissance, wo 1917 in Haus Nr. 22 vorübergehend Franz Kafka lebte. Die Gasse ist eigentlich immer proppelvoll mit Besucher und  gibt die ein Hälfte der Gebäude als Museum einen Einblick in die Lebensart vergangener Zeiten, so blüht in der anderen Hälfte das Geschäft mit Souveniers und Kunsthandwerk – wers mag.

Auch wenn ich Prag nicht mehr als preisguenstig beschreiben würde, so hat die Stadt für einen verlängerten Wochenendtrip doch jede Menge Flair, Architektur und Geschichte zu bieten und ist auf jeden Fall eine Reise wert. Allerdings sollte man sich schon gut überlegen ob man im Frühjahr oder Sommer nach Prag fahren möchte wenn noch mehr Touristen die Stadt bevölkern als schon jetzt im Februar.

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