Bright Eyes – The People’s Key (feat. Coyote Song)

Eventuell wurde an dieser Stelle schon mal erwähnt, dass Conor Oberst der begnadeteste Songwriter und -texter ist, den das vergangene Jahrzehnt hervor gebracht hat und der uns zu der bleiernen Ära aus Bush-Administration und Irakkrieg den Soundtrack lieferte. Leider scheint sein unfassbares Talent dazu zu führen, dass er seine eigenen Lieder nicht in gleichem Maße zu schätzen vermag, wie wir das tun. Und so präsentiert er uns mit seiner Band Bright Eyes mal wieder eine Platte, die zwar wahrlich nicht schlecht ist, bei der einen aber auch wieder das Gefühl beschleicht, dass sie noch viel besser hätte sein können.

Am Anfang ist bei Bright Eyes Alben das Wort. So auch bei The People’s Key, wo uns ein „Schamane“ mit dunkler Stimme in eine philosophische Betrachtung über die Zeit, Einstein, Reptilienmenschen, Hitler und Paralleluniversen hinein zieht. Der fließende Übergang in das ruhige „Firewall“ ist gewohnt genial und wie immer gelingt es den Bright Eyes, innerhalb weniger Augenblicke die ungeteilte Aufmerksamkeit des Zuhörers zu erlangen. Wenn nach etwa fünf Minuten Hammondorgel und die elektronisch verfremdeten Drums hinzukommen, dann ist die Stilrichtung des Albums schon recht klar umrissen. Stilistisch kann man The People’s Key am ehesten mit ihrem 2005er Meisterwerk Digital Ash in a Digital Urn vergleichen,wobei hier das digitale Gerüst um akusitische und auch poppige Elemente erweitert wird.

Die Auskopplung „Shell Games“ ist dann auch gleich so überraschend radiotauglich geworden, dass man sich fast schon fragt, ob sich Herr Oberst hier einen eigenwilligen Spaß mit uns erlaubt. Wie auch immer, könnte der Song tatsächlich ein Hit werden und enthält mit „distorted sounds on oscilloscopes / distorted vibes I can never cope /my private life is an inside joke / no one will explain it to me“ wieder eine dieser Conor Oberst Zeilen, denen man gelegentlich uneingeschränkt zustimmen möchte.

„Approximate Sunlight“, „Haile Selassie“ und „Beginner’s Mind“ heißen weitere Höhepunkte des Albums und – wie auf jeder Veröffentlichung – gibt es den einen Song, der es schafft, die ganze Welt zu versöhnen (wie „Milk Thistle“ auf Conor Oberst, „White Shoes“ auf Outer South, alle auf I’m Wide Awake, Its Morning). Diesmal heißt er „Ladder Song“. „One for You, One for Me“ schließlich erinnert nicht nur an „Easy/Lucky/Free“, sondern ist ein fast ebenbürtiger Abschluss.

Alles schön und gut, doch warum werden wir das Gefühl nicht los, dass das Schreiben eines tief berührenden Liedes für Conor Oberst nur eine lächerliche Fingerübung ist, die nicht als so wertvoll erachtet wird, wie sie uns vorkommt? Warum ist beispielsweise der zum Sterben schöne „Coyote Song“ nicht auf dem Album enthalten, sondern wartet in den Untiefen des Internet darauf, dass man zufällig über ihn stolpert? Und sich fragt, wie viele solcher Lieder wohl noch existieren und ob man sie jemals zu Gehör bekommen wird?

Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, diesen Song einer gemeinnützigen Sache zur Verfügung zu stellen – Bright Eyes haben den „Coyote Song“ der The Sound Strike-Kampagne gestiftet, die sich gegen den menschenverachtenden Umgang mit (hauptsächlich mexikanischen) Immigranten in Arizona richtet. Aber auf The People’s Key hätte er sich auch verdammt gut gemacht.
(8 Punkte)

Diskografie von Bright Eyes
1998 – Letting Off the Happiness
2000 – Fevers and Mirrors
2002 – Lifted or The Story is in the Soil, Keep Your Ear to the Ground
2005 – Digital Ash in a Digital Urn
2005 – I’m Wide Awake, It’s Morning
2007 – Cassadaga
2011 – The People’s Key

Diskografie von Conor Oberst (mit der Mystical Valley Band)
2008 – Conor Oberst
2009 – Outer South

Schreibe einen Kommentar

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu