Wall Street: Money Never Sleeps
von Oliver Stone, mit Shia LaBeouf, Frank Langella, Josh Brolin, Susan Sarandon und Michael Douglas
Klonk. Begleitet von diesem Geräusch und dem trockenen Kommentar „… und Ihr Mobiltelefon“ bekommt Gordon Gekko im Knast nicht nur sein reichlich in die Jahre gekommenes, ziegelsteingroßes Handy, sondern auch seine Freiheit zurück. Nur wartet niemand auf ihn, auch seine Tochter nicht. Die Wunden, die er mit seinen Betrügereien an der Wall Street gerissen hat, sind zu tief. Tief ist auch die Verwunderung, über die veränderte Welt, in die er entlassen wird. Die Gier, die einst zu seiner Verurteilung führte, ist jetzt legal: Subprime, CDO, MBS beherrschen die US-Finanzwelt und werden bald, im Jahre 2008, zu ihrem Kollaps führen. Aber so weit ist es noch nicht, weshalb Gekkos Buch über die Gefahren der Finanzwelt zwar beachtet, aber auch belächelt wird.
Einen Bewunderer findet Gekko in dem jungen Börsenmakler Jake Moore. Fasziniert von dem Buch nimmt er Kontakt zu Gekko auf, und findet auch Gehör. Schließlich ist er mit Gekkos Tochter liiert. Frei nach dem Motto Eine Hand wäscht die andere tun sich die beiden zusammen: Gekko, um die Beziehung zu seiner Tochter Winnie vom absoluten Nullpunkt etwas aufzuwärmen, und Jake, um seinen vom skrupellosen Broker-Hai Bretton James in den Selbstmord getriebenen Mentor zu rächen. Doch Jake hätte besser auf Winnie hören sollen. Denn Gekko ist nicht der geläuterte Sünder, als der er sich darstellt…
Mit diesem Film nimmt sich Oliver Stone, der einst Gordon Gekko schuf, nun die Finanzkrise vor. Wenn ausgerechnet Gordon Gekko über die Gefahren der entfesselten Finanzmärkte referiert und schreibt, dann hat das schon Unterhaltungswert. Aber mit Kritik allein macht man keine Kasse, und so webt er noch etwas mainstreamiges Vater-Tochter Drama, etwas Liebe und einen Hauch Wall Street 1 als tragende Struktur mit in die Handlung ein, was einen deutlich geringeren Unterhaltungswert hat. Wenn nun nach einigen Wendungen der Hauptgeschichte endlich die Finanzkrise ausbricht, hat man schon einige Male den unbequemen Kinosessel verflucht und sich, ganz im Stile der jetzigen Bundesregierung, deutliche Kürzungen gewünscht.
A propos Kürzung: Hollywoods Personaldecke an jungen, smarten Darstellern gibt wohl gerade nicht so viel her. Shia LaBeouf ist für mich seit Indiana Jones 4 bis auf weiteres verbrannt, was die Sachlichkeit deutlich erschwert. Aber, um es mal so zu sagen, gegen Urgestein Michael Douglas hat er keine Chance. Da sind die Nebenrollen mit Josh Brolin und Frank Langella schon deutlich besser aufgestellt – es ist ein Genuss, ihrer Leinwandpräsenz beizuwohnen, was über die schwache Hauptperson mehr als hinwegtröstet.
Aber die schwache, unrunde Handlung kann das auch nicht ausgleichen. Für eine kritische Abrechnung mit der Finanzwelt ist der Film zu seicht, für eine fiktionale Geschichte zu Nah an der Realität, und für ein Drama zu banal. So sitzt der Zuschauer, nicht nur wegen der Polsterung, etwa ratlos zwischen den Stühlen, während zu ergründen versucht, was Oliver Stone uns sagen will. Aber da ist nicht viel. Blase geplatzt. (6/10)