Comeback 2.0: Selig – Von Ewigkeit zu Ewigkeit

Selig - Ewigkeit zu Ewigkeit - CD-CoverVor gut zwei Jahren hätte man wohl keinen Pfifferling darauf gewettet, dass die Hamburger Band Selig jemals wieder ein neues Album veröffentlichen würde. Jetzt legen sie innerhalb von 18 Monaten bereits das zweite Album vor. Und was für eins! Klang das erste Comeback-Album Und endlich unendlich trotz zwei großartiger Singles („Schau, schau“ und „Wir werden uns wiedersehen“) zum Teil noch irgendwie unschlüssig und bemüht, so präsentiert sich Comeback-Album Nummer 2 nun wie aus einem Guss.

Wie der Vorgänger bezieht sich auch Von Ewigkeit zu Ewigkeit bereits im Titel auf die Unendlichkeit. Und so betritt man diesen unendlichen Raum des seligen Klanguniversums durch den „Eingang“ und wird nahtlos mit der ersten Hymne des Albums „5000 Meilen“ über das Meer katapultiert. Heute schon ein Selig-Klassiker, hätte „5000 Meilen“ auch sehr gut auf das 1995er Album Hier gepasst – und das ist durchaus positiv gemeint. In der Folge hat man nicht für einen Augenblick das Gefühl, dass die Band lange über der Produktion gegrübelt oder nach ihrem Sound gesucht hätte. Nein, sie hat ihn definitiv gefunden, man hat sogar das Gefühl, die Freude der Band an der gemeinsamen Arbeit zu spüren, was nach den Aussagen der Bandmitglieder nach ihrer Trennung Ende der Neunziger Jahre schon einigermaßen verwunderlich ist. Aber was soll’s!? Wenn dabei so schöne Lieder heraus kommen wie „Wirklich gute Zeit“ oder das Titelstück „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ dann werde ich jetzt nicht darauf bestehen, dass die Musiker sich doch gefälligst nicht mögen sollen.

Wie immer geht es in den Texten von Jan Plewka um persönliche Beziehungen, die Wunden, die man sich zufügt, und die Narben, die davon zurückbleiben. Das Titelstück bildet da eine überraschende Ausnahme. Es wurde endlich jemand gefunden, mit dem die Endlichkeit überwunden werden kann.

Gäb es mehr als diese Leben – ich würde ewig mit dir gehn
Jeden Tag mit dir verwegen – jeden Augenblick zu sehn
Gäb es mehr als dieses Leben – ich wär zutiefst dazu bereit
Dich bis zum Ende mitzunehmen – von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Um dieses Zentralgestirn von Lied herum kreisen Rocksongs, die so auf den Punkt und so sehr nach Selig klingen, dass man mehrfach heimlich auf das Erscheinungsjahr auf der Rückseite des Albums schaut, nur um sicher zu gehen, dass dieses Album nicht in die Erinnerungslücke einer besonders wilden Zeit gefallen ist.
„Lass sie reden“, „Hey Ho“ und „Doppelgänger“ seien hier einfach mal stellvertretend als drei der besten dieser Lieder genannt, aber mit Sicherheit findet hier jeder seinen ganz persönlichen Soundtrack, den man für Tage mit sich herum tragen kann.

Das Album endet zunächst mit dem wunderschönen „Du fährst zu schnell“, welches textlich und stimmlich die gewohnten Rio Reiser-Assoziationen aufkommen lässt. (Übrigens sehr empfehlenswert: Die „Jan Plewka singt Rio Reiser“ Konzerte.) Und schließlich wünscht sich Jan Plewka in „Ich hoffe, es hat noch Zeit“, dass die Ewigkeit doch noch ein wenig andauernd möge, bis „die Lichter uns rufen“, und entlässt uns über den „Ausgang“ wieder in unser (endliches) Universum.

Selig klingen 2010 seliger denn je. Wenn die eigenen Kinder später mal nach Selig fragen und danach, welches Album sie sich anhören sollten, um die Band kennen zu lernen (und das werden sie!), dann kann man ihnen das Best of-Album Für immer und selig in die Hand drücken… oder man gibt ihnen einfach Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
(9 Punkte)

Diskografie von Selig:
1994 – Selig
1995 – Hier
1997 – Blender
1999 – Für immer und selig (Best of)
2009 – Und endlich unendlich
2010 – Von Ewigkeit zu Ewigkeit

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