Ich & Orson Welles

Me and Orson Welles

von Richard Linklater, mit Christian McKay, Zac Efron und Claire Danes

New York, in den 1937. Ein junger, erst später weltberühmter, Orson Welles bringt Shakespeares „Julius Caesar“ auf die Bühne. Mit dabei: ein noch jüngerer, auch später nicht weltberühmter, Richard Samuels, aus dessen Sicht wir bei den Proben dabei sind. Und die verlaufen, dem Genie-und-Wahnsinn-Klischee streng folgend, sehr chaotisch. Statt Kostümen gibt es Uniformen, Welles glänzt mal mit penetranter Abwesenheit, mal mit Proben bis zum Umfallen. Der egozentrische Regisseur streicht, ändert und ergänzt nach Belieben, feuert Darsteller am einen Tage, um sie am anderen wieder einzustellen und läuft jedem verfügbaren Rock hinterher. Richard, der seine winzige Rolle als Laute spielender Lucius vor allem zum unbezahlten Dabeisein nutzt, landet schnell und unerwartet in der Gunst des großen Meisters, was ihm unbezahlbare Einblick in die Welt des Showbusiness verschafft. Unbezahlbare Einblicke verschafft ihm auch Welles Assistentin Sonja, die ebenso ein gewisses Faible für den jungen Neuzugang entwickelt. Und während die Proben auf die Premiere hinlaufen und das Stück mehr und mehr Form annimmt, merkt der schwer in Sonja verliebte Richard, dass er in Orson Welles einen Nebenbuhler hat. Wenn er sich da mal nicht die Finger verbrennt…

Sorgfältig arrangiertes Kammerspiel. Das ist wohl das, was diesen Film am ehesten beschreibt. Mit sehr viel Akribie ließ Richard Linklater das Theater und die Umgebung rekonstruieren, in dem Orson Welles damals seinen Cäsar auf die Bühne brachte. In dieser Kulisse inszeniert er diese eine Episode aus dem Leben von Orson Welles, und das ist unglaublich faszinierend – wer schon einmal selber Theaterluft geschnuppert hat, wird sich hier in dieser Magie wiederfinden, die aus vielen einzelnen chaotischen Bruchstücken ein Theaterstück werden lassen. Der Kunstgriff, dass alles aus der Sicht des jungen Richard zu zeigen, unterstützt das elegant – wir haben keine Einsicht in die Gedanken des Regisseurs, wir erfahren nur das, was er uns sagt – und sehen am Ende, dass er Recht hatte.
In dieser Hinsicht muss man sagen, dass die Besetzung des Orson Welles mit Christian McKay ein echter Glücksgriff war. Er brilliert in der Rolle, er atmet sie, er lebt sie in jeder Sekunde, seine Präsenz ist fabelhaft – da ist nicht verwunderlich, dass er für die Rolle zahlreiche Preise eingeheimst hat. Verwunderlich wäre nur, wenn er keine Oscarnominierung erhielte.
Der Rest der Truppe ist chancenlos gegen McKay, aber gut, so dass nur Strahlemann Zac Efron etwas blass in Erinnerung bleibt und austauschbar wirkt. Was seiner Figur im Film übrigens auch tatsächlich passiert. Ob die Liebesgeschichte für den Film tatsächlich notwendig gewesen wäre, sei mal dahingestellt, immerhin bringt sie die Handlung voran und etwas Konflikt mit sich – und lockt wohl auch mehr unbedarfte Zuschauer in den Film, die bei den Themen Theatermagie und Zac Efron andere Schwerpunkte setzen als ich.
Unterm Strich also ein ruhiger, dialoglastiger, aber dennoch packender und faszinierender Film über einen fraglos faszinierenden Menschen. (8/10)

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