Sarrazinaden

Goldenes Stück Scheiße am Band, verliehen an Thilo Sarrazin in Abwesenheit
by Sargoth

OK, ich habe es versucht. Lange versucht. Aber allmählich kann ich das Thema nicht mehr ignorieren. Auch wenn ich eigentlich nix vom Thema verstehe. Aber das muss ja niemanden vom Publizieren abhalten.

Zur Vorgeschichte. Es geht um einen Volkswirt, der zunächst im öffentlichen Dienst seinem Broterwerb nachging, bevor er als Leitender bei der Bahn, Finanzsenator in Berlin und dann wieder als Vorstandsmitglied der Bahn die Karriereleiter raufkraxelte. Seine Rente sollte also sicher sein.

Sein jetziger Posten bei der Bundesbank scheint ihn nun so wenig auszulasten, dass er seine reichhaltigen Erfahrungen aus dem Berufsleben eines Volkswirts dazu nutzt, sich um das bewirtschaftete Volk an sich Sorgen zu machen. Mit der Sorge um das Erstarken einer Volksgruppe, die er in den Jahren zuvor mit besorgter Mine durch die getönten Scheiben seiner Limousine beobachtet hat, kondensiert er eine Reihe rechtskonservativer, pseudowissenschaftlicher Stammtischparolen in ein Buch. Als selbsternannter Soziologe und Genetiker zitiert er Statistiken, die es nicht gibt, er stellt genetische Thesen als Tatsachen hin, die wissenschaftlich Unsinn sind, er dramatisiert Probleme, ohne sich ernsthaft mit Ursachen oder gar Lösungen abzugeben. Kurz, statt Fakten viel Meinung, und die Meinung ist, um mir etwas Meinungsfreiheit zu erlauben, Bullshit. Das ein solch populistisches Buch dennoch (oder gerade deshalb?) seine Leser findet, war wohl abzusehen. Das es aber ein mördermäßiger Erfolg ist, verwundert dann doch. Zumindest solange, bis man weiß, dass der Autor Thilo Sarrazin ist.

Statt nun die einzig vernünftigen Maßnahmen zu treffen, die es in dem Fall gibt (Buch ignorieren, Sarrazin feuern und vergessen), fallen seine Thesen, befeuert von der Bild, in Deutschland auf derart fruchtbaren Boden, dass angeblich 20% der Deutschen seine Partei wählen würden, wenn es sie denn gäbe. Da frage ich mich, ob ich der einzige bin, der da Parallelen zu gewissen Vorgängen der Jahre 1933 ff. sieht. Dass dann überhaupt noch diskutiert wird, ob man einen solchen Demagogen von einem die Bundesrepublik repräsentierenden Posten entfernen soll, ist mir ein Rätsel.

Doch nach der Sommerpause sind die Medien auf Entzug, und schaffen der Verbreitung seiner kruden Thesen noch nach Kräften Vorschub, indem sie aus allen Rohren drüber berichten. Ob Tagesschau, Spiegel, BILD oder Kerner, Sarrazin ist überall und seine Tantiemen gesichert. Das jemand, der sich über zunehmende Volksverdummung beschwert, mit dem Buch darüber so gut beim Volk ankommt, ist ein Witz, der unbemerkt bleibt. Die Krönung ist schließlich, dass nun nach wochenlangem medialem Dauerfeuer auch noch beklagt wird, Kritik an Sarrazins Buch wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Das ist ja so verdreht, mir fehlen die Worte. Daher verweise ich mal auf andere, die zu dem Thema bessere und fundiertere Worte finden als ich:

Für mich beweist das alles das alte Sprichwort:

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten.

Herzlichst,

Euer chrjue

1 Gedanke zu „Sarrazinaden“

  1. Bisher bin ich immer noch nicht dazu gekommen das Buch von Sarrazin zu lesen. Ist bei uns in Frankfurt leider immer noch nicht zu haben. Aufgrund der Medienberichte bin ich zwar skeptisch, aber ich will mir selbst ein Bild davon machen. Was mich aber extrem empört ist, dass Sarrazin jetzt Polizeischutz braucht. Das geht natürlich nicht, Wenn wir schon soweit sind, dann stimmt wirklich etwas nicht mit unserem Land. Noch empörender ist, dass die Merkel dazu gar nix sagt. Und der Gabriel auch ncihts.

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