Die Platte des diesjährig etwas verspäteten Sommers kommt aus Berlin! Bevor jetzt wieder alle empört „Lokalpatriotismus“ schreien, darf kurz aus einer Ankündigung auf radioeins zitiert werden: „Ein polnischer Dudelsackspieler, ein deutscher Tubist, ein tschechischer Trompeter, ein Sänger aus der Blutlinie eines waschechten Zigeunerkönigs, ein DJ aus Bosnien, West- und Ostberliner Schlagzeuger und Percussionisten – eine explosive Mischung aus Straßenmusik, Clubsounds und Berliner Schnauze.“ Na jut, kann man so sagen. Neudeutsch könnte man ooch sagen Balkan-Pop meets Seeed meets Comedian Harmonists und wer dazu nicht tanzt, ist tot.
Der musikalische Tripp beginnt in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit den Versen des volkstümlichen „Berliner Pflanze“ im knisternden Mono-Sound einer alten Ariola-Aufnahme. Doch nach schon 16 Sekunden wird man ins 21. Jahrhundert katapultiert, fliegt einmal quer über den Balkan zum Bosporus und zurück nach Berlin. „Denkste denn, denkste denn, det ick darum weene? Weende mir nich lieben tuhst, denn lieb ick mir alleene.“
In diesem Tenor wird in der kommenden Dreiviertelstunde weiter- gefeiert, getrunken, gekifft und geflirtet. Man verbringt die „Nacht in Berlin“ bewundert die ehemalige Bauchtänzerin „Fatima“, lässt sich von der Pantéon Rococo-Kollaboration „Quiero Bailar“ beim Tanzen anfeuern und von den wiederkehrenden mal keltischen, mal orientalischen Klängen und dem fetten Berliner Dialekt überraschen.
Okay, manche der Gassenhauer machen ihrem Namen dann doch etwas zu viel Ehre. „Heimweh“, „Miezen“ und vor allem „Champagner für alle“, das ab sofort auf jedem Karnevalsumzug zu hören sein dürfte, stechen nicht unbedingt durch ihre subtilen Texte hervor. Musikalisch sind sie aber allemal dazu geeignet, den latent multikultiskeptischen Nachbarn bei der Wurzel zu packen, während in der eigenen Wohnung alle Hintern schwingen.
Und wer nicht spätestens beim „Feuerwehrmarsch“ wie irre durch die Küche tanzt, der darf sich nordisch unterkühlt zurück lehnen und den Kopf schütteln. Alle anderen bitte tanzen, Ihr Berliner Pflanzen!
(8 Punkte)