Magic Up To Date

[singlepic=426,200,100,,left]Von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkt fand vergangene Woche ein Großereignis für ausgewählte Fachleute statt – die 12. Deutschen Meisterschaften der Zauberkunst. Mit dabei, aufgrund seiner in jungen Jahren erlangten Mitgliedschaft in der zuständigen Vereinigung MzvD, natürlich auch euer chrjue. Wer sich jetzt unter Zaubermeisterschaften nicht so recht etwas vorstellen kann, für den nachfolgend ein paar erläuternde Worte.

Berufs- und Amateurzauberkünstler können nach dem Ablegen einer Prüfung Mitglied im Magischen Zirkel von Deutschland werden. Der veranstaltet alle drei Jahre die deutschen Meisterschaften, bei denen die besten Zauberkünstler Deutschlands in verschiedenen Sparten erkoren werden, z.B. im Bereich Großillusionen, Comedy, Zauberei mit Musik etc. Wer sich nicht mit anderen messen möchte, der hat die Möglichkeit, sich auf Seminaren fortzubilden, auf der Händlermesse viel Geld loszuwerden, sich die Wettbewerbe anzuschauen oder sich einfach nur mit anderen Künstlern auszutauschen. Da es für mich war es das erste Mal war, das ich bei solchen Deutschen Meisterschaften dabei war, folgt hier nun mein persönlicher Erfahrungsbericht .

Der Tagungsort

[singlepic=424,200,100,,left]Die Tagung fand im Dorint Novotel in Neuss statt, das neben einem großen Bühnensaal für rund 1000 Zauberkünstler auch noch genügend Platz für Seminarräume, Messe und Büffets bot – aufgrund der Übernachtungspreise bin ich jedoch lieber im nahegelegenen Telekom-Tagungshotel untergekommen, für das die Organisatoren ein deutlich günstigeres Übernachtungspaket ausgehandelt hatten.

Die Wettbewerbe
[singlepic=425,200,100,,left]Sage und schreibe 36 Künstler traten alleine bei den Bühnenwettbewerben an, dazu kamen noch einmal 20 Teilnehmer der Junioren und für die Sparten Zauberkunst für Kinder sowie Mikro- und Kartenmagie – wer sich das alles anschauen wollte, hatte drei Tage volles Programm. Das Niveau der Beiträge war für eine deutsch Meisterschaft erschreckend unterschiedlich. Insbesondere bei den Großillusionen waren Nummern dabei, die an Trickverrat grenzten – da hatten wohl einige Zeitgenossen mehr Geld als Zeit zum Üben. Glänzendes Gegenbeispiel und zu recht Gewinner waren Timothy Trust and Julie, die routiniert ihre Illusionen präsentierten. Insbesondere die Schwerterkiste muss hier die Jury überzeugt haben, denn diese Nummer war sowohl unerklärlich, astrein präsentiert und dazu mit einer Prise bizarren Humors perfekt an die Bühnenfigur Timothy Trusts angepasst – so soll’s sein!

Weitere Highlights waren für mich eindeutig die Comedy-Nummern, allen voran die verdienten Gewinner Der Fürst der Finsternis und Monsieur Brezelberger.
Ersterer versuchte sich als wenig bedrohlicher Vampirfürst am Lesen von Gedanken einer Unternehmensberaterin („Da haben wir ja was gemeinsam – wir sind beide Blutsauger“). Und zwar dermaßen saukomisch, dass sowohl Publikum wie auch Jury gnädig darüber hinwegsahen, dass die Zeit am Schluß nicht mehr zur Auflöung reichte.
Monsieur Brezelberger präsentierte eine weiter Mentalnummer, bei der vermutlich keiner der Zuschauer mehr weiß, worum es eigentlich ging – egal, denn auch hier tobte der Saal angesichts Brezelbergers contenànce im Umgang mit Stühlschen, Zettelschen und Schäschtelschen, bei der er nie den Überblick, wohl aber gelegentlich seinen französischen Akent verlor.
[singlepic=420,200,100,,left]Besonders umtriebig war der von Uri Geller bekannte Künstler Hayashi, der gleich vier mal antrat: mit Kartenmagie, Mikromagie (grandiose Matrixroutine!) Mentalmagie und Comedy – letzteres aber bei eher fragwürdigem Umgang mit einer Zuschauerin (Stichwort: Gurke).
[singlepic=419,200,100,,left]Abschluss fanden die Wettbewerbe mit einer Abwandlung der aus Fernsehen und Internet bekannten Nummer mit dem einen Nagel und den viele Bechern – nur dass es hier den einen Dildo zu finden galt, und sich die Künstler im Borat-Kostüm schwungvoll mit ihrem Hintern auf die Suche machten. Sicherlich nichts für Kindergeburtstage, aber zu später Stunde für müdes Publikum ein echter Bringer…

Wer an einer Liste der Preisträger interessiert ist, findet sie hier.

Die Seminare
[singlepic=418,200,100,,left]Das volle Programm setzte sich hier mit hochkarätigen Künstlern fort, die ihre Kunststücke erste zeigten, dann erklärten und schließlich verkauften. Neben dem unerreichbaren Kartenguru Darwin Ortiz und dem technikverliebten Elektronikguru Juan Mayoral beeindruckte mich ganz besonders Henry Evans mit seinen sehr visuellen und innovativen Kunststücken – bei ihm blieben auch ein paar meiner Euros. Krönendes Highlight war für mich aber das Quick-Change Seminar von Lex Schoppi. Hier zeigte ein Profi Tricks und Kniffe zum schnellen Umziehen auf der Bühne, ein Thema, über das nicht viel Literatur vorhanden ist und das gerade deshalb so spannend ist.

Die Galas

Auch die beiden Abendgala waren, sagen wir, sehr unterschiedlich. Am ersten Abend waren Huang Zhang aus China mit ihrer poetischen Manipulationsnummer und Ully Loup mit seiner magischen Bar und seiner unglaublichen Präsenz die einsamen Höhepunkte – Zauberpädagoge Gisbert und Die Putzfrau des MZvD einfach nur peinlich – und vor allem schlecht zu verstehen (s. Technik). Die Showtanzformation Calypso versuchte schließlich noch etwas Schwung in den Laden zu bringen, war aber chancenlos gegen das büffethungrige Publikum.
[singlepic=422,200,100,,left]Ganz anders die Internationale Galashow.
[singlepic=423,200,100,,right]Die Moderation (Franklin und der deutlich unterhaltsamere Philip Simon) war um Klassen besser, und die Künstler haben alles getoppt: Nestor Hato mit seiner grandiosen Kartenmanipulationsnummer, Jérome Helfenstein mit einer poetischen Kombination aus Schattenspiel und Videoprojektion und schließlich Illusionist Jan Rouven mit seiner gekonnt präsentierten Befreiung aus einem Wasserbottich. Dazwischen immer wieder launige Spielchen der anwesenden Top-Künstler, bei denen sowohl Uri Geller als auch einige Wettbewerbsnummern ihr Fett weg bekamen – sehr zum Amüsements des Fachpublikums…

Die Organisation

… war leider nicht so überzeugend. Insbesondere bei der Bühnentechnik kam es zu zahlreichen erheblichen Patzern, die einige Nummern regelrecht zerstört haben – ob die Vorführung nun wegen schlechter Ausleuchtung im Dunkeln stattfand oder der Ton nicht mitspielte. Sofern man einigen Wettbewerbsteilnehmern glauben schenkt, herrschte auch hinter der Bühne Chaos, mit unklaren Zuständigkeiten, schlechter Planung und überforderten Technikern. Das Publikum bekam dies vor allem durch die erheblichen Verspätungen beim Einlass zu spüren, durch die die Shows teilweise 45 Minuten zu spät begannen – so etwas darf nicht passieren!

Das Fazit

Alles in allem ein paar sehr anstrengende, aber sehr abwechslungsreiche Tage, von denen man mit vielen Ideen, Anregungen und Erfahrungen wieder nach Hause kommt – und mit der Lust, selber wieder aktiver zu werden…

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